Wolbecker Restaurant begann mit drei Branchen und einem Bäckermeister
Münster-Wolbeck (agh). Der erste Sültemeyer kam als Bäckermeister als Junggeselle nach Wolbeck. Die heutige Gaststätte hat viele Wandlungen hinter sich. Unter anderem war es nicht nur eine Gaststätte. Und als ein Sültemeyer übernahm, war er kein gelernter Gastwirt, sondern hatte einen ganz anderen Beruf.
Ende des 19. Jahrhunderts ist alles im Besitz der Familie Twenhöven, man betreibt Landwirtschaft, auch mit Vieh unter dem Dach, eine Bäckerei und die Gaststätte, verkauft Kolonialwaren. Bis ein Bäckermeister aus Mettingen kommt, ein Martin Sültemeyer. Der heiratet 1899 Maria Lasthaus und bekommt am 1.10.1899 den Betrieb überschrieben. Damals hieß es „Restaurant zum Stadtgarten“ (bis 1972). Vier Töchter haben sie, 1902 verstirbt Maria im Alter von 38 Jahren.
Martin heiratet Elisabeth Kottenstein aus Sendenhorst, genannt „Bertha“, und sie haben drei Kinder, Ottilie, Alfons und Walter.
Auf einen Umbruch der 1920er Jahre im beschaulichen Wolbeck reagiert Martin Sültemeyer: Die WLE bringt Besucher, Touristen kommen in den Tiergarten, gehen zur Kaffeewirtschaft Markfort oder nach Angelmodde zu Hoffschulte, kommen zur großen viertägigen Margarethen-Kirmes nach Wolbeck. Da schafft der Gastwirt aus der Dorfmitte das „Martinspättken“. Den matschigen Weg belegt er mit Asche aus der Bäckerei, Touristen können besser in den Tiergarten gelangen und auf dem Rückweg im Restaurant einkehren. Das Schild aus Holz weist noch heute den Weg in den Tiergarten, nah am langjährigen Schießstand der Bruderschaften.
1933 stirbt Sültemeyer, „Bertha“ übernimmt.
1951 übernimmt Alfons Gaststätte, Bäckerei und Landwirtschaft. Der andere Sohn, Walter, leitete lange das Schlossgarten-Restaurant in Münster. Alfons heiratet 1942 Bernhardine Strohbücker aus Alverskirchen. Martin wird 1942 geboren, 1946 Alfons und 1951 Hildegard. Martin macht eine Bäckerlehre in Emsdetten. 1958 vernichtet ein Brand die landwirtschaftlichen Gebäude. Bald darauf stirbt der Vater, Alfons Sültemeyer, im Alter von 51 Jahren.
Bernhardine übernimmt den Betrieb, bis es „ihr zu viel wird“. Martin, zwei Jahre in einer Bäckerei tätig, übernimmt 1961 in Wolbeck, der Betrieb wird ihm 1966 überschrieben. 1964 heiratet er seine erste Frau, Barbara Lichatschow, die vier Kinder übernehmen das Geschäft nicht.
Nicht nur der Brand führt zu baulichen Änderungen. Das Gasthaus Lasthaus schließt seinen Saal, Kegelbahnen kommen in Mode. Eine Kegelbahn und ein Saal entstehen auch bei Sültemeyer, die Gaststätte wächst. 1964 ist das Ende der Bäckerei. Von denen, ein Foto-Kalender des Heimatvereins hat es dokumentiert, gab es damals viele in Wolbeck. Die Kegelbahn hat Erfolg, Sültemeyer baut 1969 eine zweite. Für die Genehmigung müssen die Bäume weichen, bis auf eine Kastanie.
Im Gespräch war auch, erinnert sich Martin Sültemeyer, zwei Zapfsäulen zu errichten. Dazu kam es nicht, aber Parkplätze verdrängen 1969 die Mauer.
1973 versucht er, die Außen-Gastronomie wiederzubeleben, einen Biergarten. Das gibt Ärger wegen „Ruhestörung“. Außerdem ist die Konzession weg – nicht verlängert, als alles zum Parkplatz wurde. Das ließ sich beheben. Öfter stehen nun Zelte für zu 100 Leute dort, ob für Veranstaltungen des ABC, der Bruderschaft oder der Feuerwehr. Nochmals wirkt Sültemeyer an anderem Ort: 1972 bis 1977 betreibt er für den Karneval ein Zelt auf dem Marktplatz.
Intern tut sich 1978 etwas, ein „großer Umbau“ der Gaststätte. Die große Theke wird eingebaut, wo man in drei Reihen stand, mit Bänken auf der einen und den kleinen Aussteller auf der anderen Seite. Bei Sültemeyer verschwindet der Hauptzugang über die Münsterstraße 1991.
Das Wappen auf dem Vordach gibt es seit 1987 – da wird „Martin I.“ Hippenmajor der KG ZiBoMo.
In der historischen Sicht führt der Weg von der Bier-Gaststätte hin zum Essen als wichtigem Standbein – der Schwerpunkt habe von einem zum anderen gewechselt, so Martin Sültemeyer. Früher gab es nur mal etwas Kleines, jetzt „internationales“, das sogenannte „Zigeuner-Schnitzel“, Ungarisches, den „Toast Hawai“. Bis 1978 habe er eine Fassbier-Sorte geführt, so Martin Sültemeyer, heute sind es sechs Fassbiere. Das Spektrum reicht von alkoholfrei bis Alt. Und im Sommer „ist der Biergarten das Wichtigste“, so Martin Sültemeyer.
1992 heiratet Martin Sültemeyer die Sauerländerin Elisabeth Cornelius.
2003 erkrankt Martin Sültemeyer schwer, die Gastwirtschaft wird verpachtet – und nach wenigen Monaten zurückgenommen. Es lief nicht mit dem Pächter. Elisabeth übernimmt 2008. Da ist schon ihre Tochter Bianka im Betrieb aktiv, eine gelernte Physiotherapeutin. Sie wird Elisabeth als Besitzerin folgen. Bianka lernt 1992 Thomas Wellpott kennen. Sein Hintergrund: Einzelhandelskaufmann, Feinkost Bröker – so kennt er sich mit dem Catering aus, gekellnert hat er auch. Und wechselt in ein Wolbecker Autohaus, auf dessen Weihnachtsfeier er Bianka kennenlernt. Mehr im Hintergrund sei er tätig, sagt Thomas, von Reparaturen über Büro bis zum Kochen.
Die Corona-Schließungen erzwangen Anpassung. Einer Maßnahme kann Martin Sültemeyer über die Pandemie hinaus etwas abgewinnen. Elisabeth Sültemeyer hielt alle Festangestellten, man stellte um auf Mahlzeiten zum Abholen. Das Mittagsangebot ist eine feste Größe – für alle, die z.B. allein wohnen und hier Gesellschaft finden. Nach der Corona-Zeit waren alle wieder da, auch die nicht Festangestellten. Bei Sültemeyers gab es schon manche Feier nur mit einigen Nachbarn und den Angestellten.
Mitten im Zentrum platziert, hat Martin Sültemeyer eine Meinung zum Effekt der Ortsumgehung: „Ohne die liefe hier nichts mehr“.
Martin Sültemeyer sieht nicht gut, erinnert sich aber an Zahl und Namen aller Gaststätten, die in seiner Zeit schlossen; 18 seien es, und er zählt auf: Averhoff, Böckmann (Rusticus), Tanneneck, Hülsmann, Klostermann, Stutter, Mentrup, Bockholt (Vagabund), Schlösschen, Lasthaus, Schmitz, Haus Wolbeck, Uhle (im Bahnhof), Schoppmann und Forstblick sowie „Treffpunkt“ und „Bürgerstube“.
Martin Sültemeyer ist zuversichtlich: „Der Laden läuft, die Nachfolge ist gesichert.“
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