08.10.2024

Bläserquintett Monet spielt in volller Kirche St. Nikolaus in Wolbeck

Virtuos und ausdrucksstark: Das Bläserquintet Monet in St. Nikolaus mit Daniela Koch, Johanna Stier, Marc Grube, Theo Platz und Nemorino Scheliga. Foto/Montage: agh.

Münster-Wolbeck. Die Kirche St. Nikolaus war am Sonntag erneut Schauplatz eines Konzerts, organisiert von der Gesellschaft für Westfälische Musik und des Vereins KulturVorOrt. Für die Gesellschaft dankte Susanne Schulte dem Verein, seinen Helfern und der Kirchengemeinde, und appellierte: Was das Publikum Richtung Bühne sende, bekomme es auch zurück.  Der Appell sollte Folgen haben. Mit angeblichen Kleinigkeiten begann das „Bläserquintett Monet“ das Konzert, Daniela Koch an der Querflöte, Johanna Stier mit der Oboe, Marc Gruber am Horn, Theo Platz am Fagott und Nemorino Scheliga an der Klarinette: Die „Sechs Bagatellen“ von György Ligeti, Neue Musik, setzten die Linie für das Konzert. Vom frühlingsfrohen „con spirito“ bis zum Lamentoso zum abrupten Finale spart Ligeti nicht an Kontrast in seiner Verarbeitung folkloristischer Elemente. Das Quintett zeigt sich engagiert, virtuos, kraftvoll und genau. „Eines der schönsten Stücke der Musikgeschichte“ kündigt der Fagottist sodann an, Ravels „Le tombeau de Couperin“.

Bildlich wie ein Wasserfall zu erdenken könnte ein Teil der Landschafts-Betonung von Roger Hanschel sein, so Plath, Elemente des Jazz seien erkennbar. Im Sinne des Gesamt-Programms impressionistisch, aber noch stärker, konnte man die Klänge hören, stärker impressionistisch im Sinne einer reduzierenden Verfremdung und so schwer in seinem gemeinten Bildgehalt zu entschlüsseln. Groß war die Freude über die virtuose Darbietung von „Sur le motif“, kurz kam auch der im Publikum präsente Schöpfer nach vorn, der renommierte Saxofonist Roger Hanschel. Vor kurzem hatte „Sur le motif“ in einem anderen GWK-Konzert seine Uraufführung erlebt. Das Bläserquintett g-Moll schuf einer, der nach der Post-Klassik-Pause das Bläserquintett wiederbelebte, und das tat Paul Taffanel mit Ideenreichtum. In Valerie Colemans „Tzigane“ erlebt man u.a. eine wilde Klarinette zum basso continuo des Fagott.

Bemerkenswert das Synchrone des Zusammenspiels. Die Musiker sind sonst nicht gemeinsam unterwegs, verstreut von Bamberg bis Dortmund. In Wolbeck dankte Plath als Sprecher des Quintetts nicht nur für den Applaus, sondern auch für die Aufmerksamkeit. Es sei schön, wieder vor ausverkauftem Haus zu spielen, bzw. ausverkaufter Kirche. Die schiere Präsenz hatte noch eine willkommene Folge. Bei leerer Kirche ist der Nachhall beachtlich und macht Musiker besorgt, in voller Kirche verschwand er.

Groß war der Applaus, gleich zwei Zugaben zauberte das Monet-Bläserquintett aus dem Ärmel. Eine Improvisation mit Freylach-Inspiration, jüdische Musik zu Festen wie Hochzeiten, mit jiddischen Worten „a freylekhs shtikele,“ und das Orchester-Stück „Tico   tico“ von Zequinha de Abreu, von Plath arrangiert. So ließ das Quintett seine Gäste beflügelt in den schon fortgeschrittenen Abend ziehen.

Virtuos und ausdrucksstark: Das Bläserquintet Monet in St. Nikolaus mit Daniela Koch, Johanna Stier, Marc Grube, Theo Platz und Nemorino Scheliga. Foto/Montage: agh.

() Virtuos und ausdrucksstark: Das Bläserquintet Monet in St. Nikolaus mit Daniela Koch, Johanna Stier, Marc Grube, Theo Platz und Nemorino Scheliga. Foto/Montage: agh.

##

So 18. August 2024 18:00 Uhr Münster St. Nikolaus Wolbeck Monet Quintett Keine Bagatellen Solist:innen, die europaweit zu den Besten ihres Fachs gehören, Solostellen in bedeutenden Orchestern haben, Preisträger:innen großer Wettbewerbe sind: in ihrem Quintett zaubern Daniela Koch (Querflöte), Johanna Stier (Oboe), Nemorino Scheliga (Klarinette), Theo Plath (Fagott) und Marc Gruber (Horn) so lebendige Farben hervor wie der Impressionist Claude Monet auf seinen Bildern. Dramatisch und hochenergetisch, rhythmisch komplex, kontrapunktisch dicht spielen Ligetis „Bagatellen“ die Kontraste des Lebens aus. Ein Tombeau (frz. Grabmal), eine nicht unbedingt traurige Gedenkmusik, erinnert an das Leben ihres Widmungsträgers. Ravel hat mit seiner impressionistischen Suite seinem Kollegen François Couperin sowie dem Barock insgesamt ein Denkmal gesetzt, zudem jeden Satz einem im Ersten Weltkrieg gefallenen Freund gewidmet. Patriotisch begeistert, warnte der Franzose indes vor Chauvinismus in der Musik. Damit würde die „derzeit so reiche (französische) Tonkunst unweigerlich degenerieren und sich in schablonenhaften Formeln einschließen“.   In keine Schablone passt Roger Hanschels „Sur le motif“, das neuste der drei originalen Holzbläserquintette des Abends, für das Monet Quintett komponiert. Der famose Jazz-Saxophonist und -Komponist – „der Traum eines virtuosen Stilisten, einer, der sein Ding macht, dieses Ding stetig fortentwickelt“ (Jury WDR Jazzpreis 2018) – verwandelt sich Klassisches, Osteuropäisches und Indisches, Minimal Music, Neue Musik oder Blues vollkommen an und entwickelt daraus seinen ureigenen Stil. Weltoffen und eine Virtuosin ersten Ranges auch die US-amerikanische Flötistin Valerie Coleman. Ihr „Tzigane“ ist von Roma- und orientalischen Stilen inspiriert und feiert, tonal und unterhaltsam, in faszinierenden Soli über einem durchgängigen rhythmischen Drive die Virtuosität jedes einzelnen Ensemblemitglieds. Wie „Tzigane“ lebt Taffanels Bläserquintett von Kontrasten und stellt höchste Anforderungen an die Musiker:innen – immerhin war der Komponist wohl der beste Flötist des 19. Jahrhunderts. Romantisch-weicher Bläserklang, französische Grazie, zum Schluss ein Vivace im 6/8-Takt, federnd und wie von der Tarantel gestochen. Fotos © Philippe Stier Besetzung Daniela Koch Querflöte Johanna Stier Oboe Nemorino Scheliga Klarinette Theo Plath Fagott Marc Gruber Horn Monet Quintett Programm KEINE BAGATELLEN György Ligeti (1923–2006): Sechs Bagatellen Maurice Ravel (1875–1937): Le tombeau de Couperin Roger Hanschel (1964): Sur le motif Valerie Coleman (1970): Tzigane Paul Taffanel (1844–1908): Bläserquintett in g-Moll

Monet Quintett
Post
Filter