Wemhoff-Chöre und Solisten ziehen viele Münsteraner nach Wolbeck
„Wir singen für den Frieden“ – unter diesem Motto präsentierten fünf münsterische Chöre ein bewegendes Konzert in St. Nikolaus, das zeitlose Fragen nach Krieg und Frieden aufwarf. Während Klassiker wie „Imagine“ und „Nein, meine Söhne geb’ ich nicht“ an die Hochzeiten der Friedensbewegung erinnerten, fehlten aktuelle Bezüge zum Weltgeschehen. Besonders gefeiert wurde das eindringliche „Wozu sind Kriege da“ – ein Höhepunkt, der durch die beeindruckende Stimme von Celine Bergerbusch noch an Strahlkraft gewann.Inhalt
Münster-Wolbeck -agh-. „Wir singen für den Frieden“ titelte am Sonntagnachmittag das Männerchor-Konzert in St. Nikolaus und stellte die zeitlose Frage eines besorgten jungen Menschen „Wozu sind Kriege da?“ Die fünf in den Wemhoff-Chören verbundenen münsterischen Chöre boten in der mit Gästen aus Münster gut gefüllten Kirche in Wolbeck vieles, das gut ankam, und einen eher historischen Inhalt.
Vom Ein- zum Mehrstimmigen sprang der Chor gleich im ersten Stück, dem „Friede auf Erden“ nach einer Melodie von Edward Elgar, eine eindrückliche Eröffnung des imposant in sieben Reihen aufgestellten Chores. „Zukunft für alle“, so der Kern ihrer Botschaft dieses Anfangs. Beim Klassiker „Freude schöner Götterfunken“ gelang dem Chor der Wechsel vom Zarten zum Kräftigen, reich war der Applaus. Zum Programm gehört auch John Lennons „Imagine All the People“, „Es ist an der Zeit“, „Nein, meine Söhne geb‘ ich nicht“ und „Let There be Peace on Earth“.
Erkennbar aktuelle Bezüge fehlten in den von Hermann Badde verlesenen Texten und den Liedern. Das politisch aufgeladene Liedgut war durchweg älteren Datums, gehört zu einem bestimmten Zweig politischer Lieder. In einem eigenen Text sprach Badde von „Neomerkantilismus“ einiger „Industrienationen“, beschwor „den Weltmarkt“ als Problemursache, die Rüstungsproduktion als „Arbeitsbeschaffung“. Der Applaus dafür war der schwächste des Abends.
Es folgten die Liedermacher: Udo Lindenberg, Hannes Wader, Reinhard Mey, in einem Text auch Konstantin Wecker, man spürt die Zeitläufte der 70er und 80er, sowjetische Mittelstrecken-Raketen und NATO-Doppelbeschluss, westdeutsche Befindlichkeiten aus Zeiten eines deutschen Doppel-Frontlandes. Eher historisch wirkt vieles, Bezüge zum 21. Jahrhundert fehlen. Dabei stammt etwas von „Sag mir, wo die Blumen sind“ aus einem ukrainischen Volkslied.
Besonders kräftig und anhaltend gab es Applaus für das „Wozu sind Kriege da“ aus dem Jahre 1981. Der Beifall galt nicht zuletzt dem Gesang von Celine Bergerbusch, die mehrfach mit ihrer dynamischen und feinen Stimme begeisterte.
Die Gesamtleitung hatte Thomas Wemhoff, das Klavier spielte Oliver Haug. Das Programmblatt, fehlerfreudig getextet, zieren eine Friedenstaube über dem Globus und das Motiv des Plakats „Nie wieder Krieg“ von Käthe Kollwitz, geschaffen 1924.
Nachteilig war die überforderte bzw. zeitweise nicht funktionierende mobile Lautsprecher-Anlage: Weiter hinten kam von den Texten kaum etwas an.
P.S.: Aufgabe des Journalismus
Zu diesem Artikel soll es einen Leserbrief gegeben haben. Der soll dem Tenor nach mehr Aussagen zur Musik gefordert haben, und weniger zu den Texten. Was könnte ein derartiger Wunsch bedeuten? In einer Gesellschaft mit eher mangelhafter Kultur der nachdenklichen Auseinandersetzung mit sicherheitspolitischen und verteidigungspolitischen Fragen, gerade erst wachgerüttelt in einer „Zeitenwende“, soll das Aufgreifen und wenigstens rudimentäre Kritisieren solcher Texte gedämpft oder als illegitim dargestellt werden. Der deutsche Michel möchte nach getaner Arbeit – für das er das Singen angejahrter Lieder aus einer anderen weltpolitischen Konstellation anscheinend hält – lieber etwas Feuilletonistisches zur Performance von Bass und Tenor hören. Die politisierenden Botschaften, so plakativ in Bildern und Texten vorgetragen, soll der Journalist wie selbstverständlich einfach zitieren, aufzählen und über deren Qualitäten schweigen. Als wäre es bedeutungslos oder aber selbstverständlich, anders gesagt: alternativlos.
Hintergrund-Informationen
Zum Plakat – Nie wieder Krieg, auf der Rückseite des Konzert-Programms
https://www.kollwitz.de/plakat-nie-wieder-krieg
Sag mir, wo die Blumen sind …
https://www.deutschlandfunkkultur.de/antikriegslied-flowers-blumen-ukrainisch-100.html#:~:text=Marlene%20Dietrich%20sang%20%E2%80%9ESag%20mir,Song%20einem%20ukrainischen%20Volkslied%20entstammen.
MarQant – der Münster-Chor
https://www.wn.de/muenster/mannerchor-marqant-dirigent-thomas-wemhoff-2726975
https://wolbeck-muenster.de/fuenf-maennerchoere-in-muenster-grosses-benefizkonzert-fuer-den-frieden-am-16-maerz-3161/
https://www.chorverband-muenster.de/seite/707969/ch%C3%B6re-im-chorverband.html
Lektüre zur „Friedensbewegung“ aktuell
Bülow, J. von (2025) „Die klassische Friedensbewegung schafft es aktuell kaum, sich Gehör zu verschaffen". https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2024/10/berlin-krieg-frieden-demo-ukraine-russland-bewegung.html. Accessed 3/20/2025.
Ludwig, J. (2024) Abschied vom Pazifismus?: Wie sich die Friedensbewegung neu erfinden kann. Herder, Freiburg, Basel, Wien.