08.02.2025

Von der Moldau in die Neue Welt – Akkordeon-Konzert in St. Nikolaus

Für ein Bild mit dem Komponisten Felix Bräuer vereint: Die Akkordeonisten von TastSinn und Duo Cyrnik. Hinter ihnen der Altar mit der Darstellung des Heiligen Nikolaus im Boot. Foto: A. Hasenkamp.

Zuhörer angetan von Klängen der Ensemble TastSinn und des Duos Cyrnik in wolbeck

Münster-Wolbeck -agh-. Mit geschlossenen Augen konnte man ein ganz anders instrumentiertes Konzert vor sich sehen, zumindest zu Beginn. Klänge wie von der Orgel kamen aus dem Altarraum, wie von Klappen, die von Luft umzogen werden. „Weil das Prinzip so ähnlich ist wie das der Orgel“, erläutert der Organist und Komponist Felix Bräuer in Wolbeck: Bestimmte Register seien in der Tonerzeugung dem Akkordeon gleich.

Orgel-Klang und Vielstimmigkeit

Aber die Musik war so vielstimmig, dass die Quelle keine Orgel sein konnte. Am Sonntagnachmittag spielten in der Kirche St. Nikolaus nicht weniger als sechs Akkordeons. „Mit der Moldau in die Neue Welt“ war das Motto eines konzentrierten und doch klanglich breit aufgestellten Konzertprogramms.

Wandlungen der Moldau

Wie gemacht für eines der Werke schien das Sonnenlicht, das für eine Weile ein Relief an der Vorderseite des Altares hervorstechen ließ, als eine Insel von Licht. Es zeigt den Heiligen Nikolaus in einem Boot, „und zwar nicht in ruhigen Gewässern“, wie der letzte Pfarrer von St. Nikolaus, Jörg Hagemann zu 50 Jahren Altarweihe sagte. Direkt daneben spielt TastSinn Smetanas „Die Moldau“.  Ausdrucksstark in der viel Stimmigkeit führen die Fünf das Wasser aus dem Böhmerland zusammen, lassen es anschwellen, malen Smetanas Vision einer Bauernhochzeit und den Reigen der Nymphen, die reißenden Wirbel, bis Moldau und Elbe verschmelzen. Noch ein Part der 430 Kilometer Moldau, der die Möglichkeiten einer Orgel übersteigt.

Tänze aus Osteuropa

Über slawische Tänze war TastSinn in „Aus der neuen Welt“ gelangt, in das gedehnte Largo, in die Weite und Stille der Prärie, zu den, wie die Moderatorinnen Aline und Anika Cyrnik anmerkten, universellen Gefühlten von Heimwehr und Sehnsucht. Tänze prägten viele der weiteren Stücke, etwa Tschaikowskis Großer Dorfwalzer aus „Dornröschen“, lebendig, vielstimmig und virtuos inszeniert vom Ensemble TastSinn, von Anja Dietrich, Doreen Babin, Anika Cyrnik, Nadine Müller und Michael Lieberwirth. Aline Cyrnik überraschte wohl viele mit dem Hinweis, ihr Musizieren sei Hobby.

War bis Smetana alles slawisch, wechselte das Duo Aline und Anika Cyrnik dann zum Rondo capriccioso Mendelssohn Bartholdys – der sei, so Cyrnik, mit seinen Reisen nach Tschechen und Polen offen für Kultur und Vielfalt Europas gewesen.  Die beiden Akkordeonisten haben sich auch weniger gewohnten Klängen verschrieben. Moderne Elemente bringen kurze Stücke von Hans Boll und Sebastian Klein, der in „Caricias“ einen Flatter-Klang bietet.

Sorbische Suite uraufgeführt

Turbulenten Tanz zeigt die von TastSinn gespielte vielstimmige Sorbische Suite von Felix Bräuer, eine Uraufführung im Beisein des Komponisten, geschrieben 2024 für TastSinn. Das „Motion Trio“ hat Größen der klassischen Musik modern aufgearbeitet. So fügt sich zu Chopins Präludien für Klavier eine stark rhythmische Überlagerung, sie wird von einer, dann von mehreren Händen geklopft, während andere die Tasten spielen, Finger rasen das Manual auf und ab. Bestechen kann auch eine weitere Bearbeitung durch Janusz Wojtarowicz von Motion Trio, die der Volkswiese, eines deutschen Tanzes vom Balkan.

Dankbares Publikum

Das Publikum nimmt all das aufmerksam auf, mit viel Applaus – der Kühle einer nicht rund laufenden Heizung wegen hatte Kantor Thorsten Schwarte das Applaudieren zwischendurch schon für den Zweck des Aufwärmens freigegeben. Und gerade zum Schluss, in manchem neuartigen Klang, gesellte sich im zahlenstarken Publikum mehrfach überraschtes Amüsement hinzu. So legte „TastSinn“ eine Zugabe hin, den Radetzky-Marsch. Gern klatschte man mit.

Tradition von Akkordeon-Konzerten in St. Nikolaus

Akkordeon-Konzerte waren in St. Nikolaus schon öfter zu hören. Im Oktober 2023 kam der Akkordeon-Solist Pavel Efremov aus der Republik Moldau. Er spielte im Duo mit der Panflötistin Andrea Chira und mit dem Gitarristen Matei Rusu. Im Mai 2006 konzertierte ein ganzes Ensemble mit Akkordeons in Wolbeck, zur Zeit von Pfarrer Dr. Siegfried Kleymann.

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